Wossidlo-Forschungsstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Universität Rostock

WossiDiA, das digitale Wossidlo-Archiv

WossiDiA ist ein Akronym für „Wossidlo Digital Archive“. In diesem, von 2010 bis 2014 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt wurde die Forschungssammlung des Warener Gymnasialprofessors und volkskundlichen Privatgelehrten Richard Wossidlo (1859-1939), einem der Mitbegründer der sich um 1900 etablierenden Volkskunde, digitalisiert und in ein frei zugängliches Onlinearchiv transformiert. Zeitgleich wurden die zumeist handschriftlichen Quellen vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sicherheitsverfilmt und die langzeitlagerfähigen Filme im Barbarastollen eingelagert.

Einstieg in die WossiDiA-Webapp

Die Sammlung Wossidlos wird durch ein intelligentes Zettelkastensystem gesteuert, das Feldforschungsnotizen, Korrespondenzen von Sammelhelfer*innen und fachliterarische Exzerpte miteinander verbindet. Ihre Themenbäume umfassen Erzähl- und Brauchüberlieferungen, Glaubenszeugnisse, Beschreibungen tradierter Arbeitstechniken und -geräte, Landwirtschaft, Fischerei und Seefahrt, Flurnamen und viele weitere Ausschnitte aus dem kulturellen Gedächtnis der (insbesondere ländlichen) Bewohner*innen Mecklenburgs und ihres Alltags. Zugleich dokumentiert der Nachlass die Lexik und den Sprachgebrauch der „mecklenburgischen Mundart“, und zwar in zweifacher Hinsicht: semantisch in wortfeldartiger Anordnung sowie entlang des Alphabets. Die Sammlung ist durch einen polyhierarchischen Thesaurus in der damals üblichen volkskundlichen Terminologie (und mit weiteren Fachsprachen) geordnet.

Konvolut aus einem der Zettelkästen über Erntebräuche, Kategorie: „de Wulf“ (Schlussbrauch der letzten Garbe)
Zerschnittene Korrespondenz einer Sammelhelferin aus einem der Zettelkästen über Geburtsbräuche, Kategorie: Wöchnerin

Um das Zettelkastensystem mit seinen zahlreichen Verweisen adäquat darstellen zu können, wurde das virtuelle Archiv in Zusammenarbeit mit dem Rostocker Lehrstuhl für Datenbank- und Informationssysteme mit Hilfe sog. Hypergraphen modelliert. WossiDiA zeigt derzeit 1.850.000, zumeist handschriftliche Dokumente in vernetzter Ordnung an, deren Metadaten durchsuchbar sind und somit der computativen Auswertung zugeführt werden können.

Die Nutzung wird mit Hilfe zahlreicher Erläuterungen erklärt, zu denen insbesondere die Auflösung zahlreicher Kürzel für Schlagwörter, Orte, Feldforschungsnotizen und fachliterarische Quellen zählen. Das digitale Archiv hat frühere Erschließungsversuche adaptiert und setzt diese aktuell durch die Transkription von Handschriften fort. Durch die Entwicklung von Templates für spezifische Suchanfragen und Auswertungsszenarien  werden weitere Mehrwerte geschaffen. Hierzu tragen Projekte bei, die auf WossiDiA aufsetzen bzw. sich mit dem virtuellen Archiv überschneiden (siehe die Projekte: ISEBEL, „Wossidlo-Teuchert“ online, Interaktives Ortschronikenportal für M-V).

Darstellung eines Zettelbelegs der Verzeichniseinheit: Erntebräuche, „de Wulf“, in der WossiDiA-Web-App (generische Ansicht)

Förderinstitutionen: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (DFG/LIS); Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)

Leiter: Christoph Schmitt, Institut für Volkskunde, Universität Rostock; Holger Meyer, Lehrstuhl für Datenbank- und Informationssysteme, Universität Rostock

Bearbeiter:innen: Stefanie Jantzen (Europäische Ethnologie), Alf-Christian Schering (Informatik)

Förderzeitraum: 2010-2014

Literatur siehe: Holger Meyer, Alf-Christian-Schering und Christoph Schmitt: WossiDiA – The Digital Wossidlo Archive. In: Holger Meyer u.a.: Corpora ethnographica online. Strategien der Digitalisierung kultureller Archive und ihrer Präsentation im Internet. Münster/New York 2014.

Projektseite: https://apps.wossidia.de/webapp/run

Nach dem Vortrag von Projektinformatiker Alf-Christian Schering (rechts) drückt der damalige Bildungsminister Mathias Brodkorb den Startknopf für WossiDiA (2012)