Seminar für Volkskunde/Kulturgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Projektseminar „What’s in a name? Namensgeschichte als Fachgeschichte – ‚Volkskunde‘ in der Diskussion“

Name und Identität: Seit 1945 stehen Umbenennungsdiskussionen um den missverständlichen Namen „Volkskunde“ regelmäßig auf der Tagesordnung. 2021/22 hat sich die „Deutsche Gesellschaft für Volkskunde“ in „Deutsche Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft“ umbenannt. Die Debatten haben inhaltliche und pragmatische Hintergründe. Zum einen stellt sich die Frage, ob Bezeichnung und Bezeichnetes noch in einem angemessenen Verhältnis stehen. Für Studieninteressierte existieren zum anderen massive Probleme der Identifizierbarkeit des „Vielnamenfaches“, das an rund 30 Universitäten im deutschsprachigen Raum unter Bezeichnungen wie Kulturanthropologie, Europäische Ethnologie, Empirische Kulturwissenschaft u.a. firmiert. Die herkömmliche Bezeichnung „Volkskunde“ wurde an den meisten Instituten längst verabschiedet. Mittlerweile ist die Friedrich-Schiller-Universität in Jena der letzte Standort, an dem die Disziplin den Erstnamen „Volkskunde“ (mit der Ergänzung „Empirische Kulturwissenschaft“ in Klammern) führt. Sollte dieser Status als Schlusslicht geändert werden?

Volkskunde wird gestrichen. Illustration: kulturstudieren.org
Diskussion neuer Namen. Illustration: kulturstudieren.org

Namenswechsel sind eine heikle Angelegenheit. Dies zeigen Umbenennungen von öffentlichen Straßen, Plätzen oder Schulen: Es handelt sich oft um umkämpfte substanzielle Prozesse mit hohem emotionalen Erregungspotenzial. Meist geht es nicht nur um die Bezeichnung, sondern auch um das Bezeichnete. Was passiert, wenn ein alter Name verschwindet, weil er – wie in unserem Fall – Missverständnisse oder Identifizierungsprobleme erzeugt? Soll er und damit auch gleich seine Geschichte ausgelöscht und vergessen werden? Soll mit einem neuen Namen etwas Neues geschaffen oder – umgekehrt – etwas Bewährtes besser identifizierbar und damit auf die Höhe der Zeit gebracht werden? Bereits im Sommersemester 2017 initiierten Jenaer Studierende der Volkskunde/Kulturgeschichte das umtriebige Debattenforum „denkenswert“, um ihre Schwierigkeiten mit der Bezeichnung ihres Studiengangs unter dem Titel „Volks…was?! Zur Namensdebatte in der Volkskunde“ zu artikulieren und öffentlich zu diskutieren. Ihre Probleme entstanden nicht durch die Inhalte ihres Studienganges, sondern durch seine Bezeichnung: Ist „Volkskunde“ für eine moderne Kulturwissenschaft noch zeitgemäß und bildet dieser Name Selbstverständnis und Arbeit der Disziplin angemessen ab? Nun wurde die Herausforderung zur Auseinandersetzung mit dem Jenaer Namensproblem erneut angenommen: Im Sommer 2022 startete das Projektseminar „What’s in a name? Namensgeschichte als Fachgeschichte – ‚Volkskunde‘ in der Diskussion“. Das Projektseminar begleitet die Suche nach einem neuen Namen, der den Studiengang besser identifizierbar machen soll und mit dem sich Studierende besser identifizieren können. Es möchte über zwei Semester hinweg Meinungen einholen, Diskussionen initiieren und ein öffentliches Forum schaffen.

Projektleiter: Prof. Dr. Friedemann Schmoll

Projektlaufzeit: Sommersemester 2022 und Wintersemester 2022/23

Weitere Informationen: https://www.kuk.uni-jena.de/seminar-fuer-volkskunde-kulturgeschichte/meldungen/what-s-in-a-name-namensgeschichte-als-fachgeschichte-volkskunde-in-der-diskussion