Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde
Alle fotografieren? Amateur- und Alltagsfotografie als Ausstellungsprojekt
Am 15. September 2025 hat das für drei Jahre konzipierte Projekt „Alle fotografieren?“ am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) in Dresden begonnen; beteiligt ist auch das Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Universität Göttingen. Das sogenannte Erkenntnistransferprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
Anknüpfend an die Ergebnisse des Forschungsprojekts „BildSehen // BildHandeln. Die Freiberger Fotofreunde als Community of Visual Practice“ werden die Untersuchungen zur Amateurfotografie fortgesetzt und auf die Alltagsfotografie erweitert. Ziel ist der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in drei Ausstellungen, für die als Kooperationspartner das Stadtmuseum Jena, die Technischen Sammlungen Dresden und das LWL-Museum Henrichshütte Hattingen gewonnen werden konnten. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit lokalen Fotoclubs in Jena (UNIFOK Jena e. V.), Dresden, Hattingen und Freiberg (Freiberger Fotofreunde) sowie mit ortsbezogen agierenden Social-Media-Fotoakteur:innen geplant.
Im Ausstellungsprojekt richtet sich der Fokus auf das Fotografieren als gesamtgesellschaftliche Alltagspraxis, als Instrument der Vergemeinschaftung und als visuelles Erbe. Spätestens mit der Durchsetzung des Smartphones ab Ende der 2000er-Jahre hat sich die Anzahl täglich aufgenommener und publizierter Bilder enorm potenziert. Der Begriff Alltagsfotografie umfasst sowohl Praktiken privater wie auch der Amateurfotografie, die beide kollektive Strukturen aufweisen können und in Clubs wie in (sozial medialen) Online-Communities evident sind. Beide Felder sollen in Hinblick auf visuelles Wissen, mediale Prägungen sowie die Praktiken der Archivierung und Zirkulation von Aufnahmen untersucht werden.
Das Vorhaben schließt damit an das ebenfalls von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Bildsehen // Bildhandeln“ an. In dessen Fokus stand die Praxis des seit 75 Jahren existierenden und in der DDR gegründeten Amateurfotoclubs Freiberger Fotofreunde. Zu den zentralen Forschungsergebnissen zählen die spezifische mediale (Mit-)Gestaltung und visuelle Prägung von Raum. In Verbindung damit steht die hohe Relevanz kollektiver Lehr-Lern-Prozesse der community of visual practice und der durch sie ausgehandelten und verinnerlichten Vorstellungen von einem „guten Foto“. In enger Wechselwirkung dazu steht die Funktion der über Jahre gewachsenen Fotoarchive: Deren Bestände sind kulturelles Kapital und Ressource. Sie ermöglichen die Zirkulation und Veröffentlichung von Bildern in Ausstellungen, Publikationen und Wettbewerben.
Diese Ergebnisse sollen nun in Kooperation mit den Museen und regionalen Fotogruppen erweitert und in drei Ausstellungen transferiert werden. Schwerpunkte der musealen Präsentationen sind: (1) Akteur:innen, (2) die visuelle Aneignung von Raum, (3) die mediale Vielfalt, (4) die Performativität fotografischer Praktiken und (5) die Nachhaltigkeit vor allem archivalischer Praktiken. Der Erkenntnistransfer wird von vertiefenden und vergleichenden Forschungen zu fotografischen Praktiken in regionalen Clubs sowie auf Social Media-Plattformen begleitet.
Die erste der drei Ausstellungen wird voraussichtlich am 3. September 2026 im Stadtmuseum Jena eröffnet. Dresden und Hattingen folgen 2028.
